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Stand 31.01.2014

Platzierung im Hauptstudium des modularisierten SJ: HS I M 11

Asylrecht
-
Gesetz zur Umsetzung der RL 2011/95/EU (BGBl. I 3474 v. 05.09.2013)
- Dublin III-Verordnung VO (EU) Nr. 604/2013 (ABl.-EU L 180/31 vom 29.06.2013)
- Neue EURODAC-Verordnung (EU) Nr. 603/2013 (ABl.-EU L 180/1 v. 29.06.2013)  
- Neue EU-Verfahrensrichtlinie RL 2013/33/EU (ABl-EU L 180/60 vom 29.06.2013)
- Neue EU-Aufnahmerichtlinie RL 2013/33/EU (ABl-EU L 180/96 vom 29.06.2013)
- alle vier EU-Rechtsquellen in Kraft getreten am 19.07.2013
Seite "Asylrecht / Dublin II".

Schengen-Recht
Verordnung (EU) Nr. 610/2013 (ABl.-EU L 182/1 v. 29.06.2013) zur Neuregelung Schengener-Einreisesystem, in Kraft getreten 19.07.2013
Seite "Schengen 2013".

1. Gesetz zur Umsetzung der RL 2011/95/EU

Durch das Gesetz zur Umsetzung der RL 2011/95/EU (BGBl. I 3474 v. 05.09.2013) wird im Wesentlichen das AsylVfG an die EU-Qualifikationsrichtlinie RL 2011/95/EU angepasst.
Das AufenthG wird  erweitert um den Anwendungsbereich der Neufassung der RL 2011/95/EU. Damit verbunden sind vor allem Änderungen der §§ 25, 60 AufenthG.

2. Gesetz zur Verbesserung der Rechte von international Schutzberechtigten und ausländischen Arbeitnehmern

Das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von international Schutzberechtigten und ausländischen Arbeitnehmern (BGBl. I 3484 v. 05.09.2013) enthält Änderungen, die im Wesentlichen die Ausländerbehörden betreffen. Weiterhin wird infolge des seit 01.12.2009 in Kraft befindlichen Vertrages von Lissabon der Sprachgebrauch von „Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG“ auf „Daueraufenthalt-EU“ umgestellt (z.B. in § 4 I, 4 V, 6 III, 9a I, 91c VI AufenthG). Für den Unterrichtsbereich der FHB sind vor allem nachfolgend genannte Änderungen von Bedeutung (die mit dem Anlass und der Bezeichnung des Gesetzes nur zum Teil zu tun haben).
 
2.1 Einbeziehung der Visaerschleichung in die unerlaubte Einreise

Nach der Neufassung wird als unerlaubte Einreise nicht nur die Einreise ohne einen nach § 4 AufenthG erforderlichen Aufenthaltstitel, sondern auch die Visaerschleichung oder sonst illegale Visabeschaffung einbezogen. Gem. § 14 I Nr. 2a AufenthG neuer Fassung ist auch die Einreise unerlaubt, wenn der Drittstaatsangehörige zwar ein nach § 4 erforderliches Visum besitzt, dieses aber durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkt oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen wurde (Visaerschleichung) und deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit gem. § 48 VwVfG zurückgenommen oder gem. Art. 34 I VO (EG) Nr. 810/2009 annulliert wird.

Die Regelung ist eine Reaktion auf die Rechtsprechung, wonach die Einreise mit einem erschlichenen Visum bisher gerade nicht als unerlaubte Einreise anzusehen war (BGH, Beschl. v. 11.02.2000 - 3 StR 3088/99; BGH, Beschl. v. 18.10.2001 - 3 StR 347/01; BGH, Beschl. v. 20.04.2004 - 4 StR 67/04; BGH, Beschl. 26.04.2006 - 5 StR 32/06). Gesetzgeberisches Ziel ist nach der amtlichen Begründung, die Zuständigkeit der Grenzpolizei für die Annullierung von erschlichenen Schengen-Visa Typ C gem. Art. 34 I VO (EG) Nr. 810/2009 über § 71 III Nr. 1a, 1b, 3 a) AufenthG herzustellen (BR-Drucks. 97/13 v. 08.02.2013, S. 26).

2.2 Zurückschiebung und Abschiebung international Schutzberechtigter

Gem. §§ 57 III, 58 I b AufenthG darf ein Drittstaatsangehöriger, der eine Daueraufenthaltserlaubnis-EU oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen EU-Staat hat und in einem anderen EU-Staat international Schutzberechtigter iSd. RL 2011/95/EU ist, darf außer in Fällen des § 60 VIII Satz 1 AufenthG nur in den schutzgewährenden EU-Staat zurückgeschoben oder abgeschoben werden.

2.3 Ausreiseuntersagung

Die Maßnahmen, bei denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine gem. § 84 I AufenthG keine aufschiebende Wirkung haben, wurde erweitert um die Ausreiseuntersagung gegenüber einem Drittstaatsangehörigen gem. § 46 II Satz 1 AufenthG iVm. § 10 I PassG (§ 84 I Nr. 6 AufenthG neuer Fassung).

2.4 Anpassung an Lissabon-Vertrag

Folge des seit 01.12.2009 in Kraft befindlichen Vertrages von Lissabon ist die Umstellung des Sprachgebrauchs von „Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG“ auf „Daueraufenthalt-EU“ (z.B. in § 4 I, 4 V, 6 III, 9a I, 91c VI AufenthG).   
 
3. Neue Visabefreiungen und Abkommen der EU mit Drittstaaten

3.1 Visabefreiungen für Inhaber von Dienst- und Diplomatenpässen

Erweitert wurde Anlage B zu § 19 AufenthV (BGBl. 2013 I 3707 v. 27.09.2013, in Kraft seit 28.09.2013) um die Visabefreiung für Einreise und Kurzaufenthalt (bis 90 Tage binnen 180 Tagen im Schengen-Raum) um die Inhaber von
- Diplomatenpässen von Vietnam (Anlage B Nr. 2),
- biometrischen Dienstpässen der Republik Moldau und der Ukraine (Anl. B Nr. 5),
- biometrischen Diplomatenpässen von Gabun und der Mongolei (Anlage B Nr. 6).
In Vorbereitung bzw. im Genehmigungs- und Unterzeichnungsverfahren befinden sich die Visaerleichterungsabkommen mit den Visumbefreiungen für Inhaber von Diplomatenpässen von Aserbaidschan und Kap Verde. Mit Wirkung seit 01.01.2014 in Kraft getreten ist das Visaerleichterungsabkommen mit Armenien (ABl.-EU L 289/2 vom 31.10.2013).

3.2 Visa-Erleichterungsabkommen EU/Republik Moldau und EU/Ukraine

In den Abkommen über die Erleichterung der Visaerteilung der EU mit der Republik Moldau und mit der Ukraine sind die Adressatenkreise der Personen, die von der Visumgebühr (Art. 16 I VO Nr. 810/2009/EG) befreit sind, erweitert worden. Dazu gehören jetzt auch
- Angehörige freier Berufe, die an internationalen Ausstellungen, Konferenzen oder ähnlichen Veranstaltungen teilnehmen;
- Personen bis zum Alter von 25 Jahren, die an Seminaren, Sport-, Kultur- oder Lehrveranstaltungen teilnehmen, die von gemeinnützigen Organisationen veranstaltet werden;
- Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen, die an Kursen, Seminaren oder Konferenzen teilnehmen;
- an offiziellen grenzübergreifenden Kooperationsformen der EU Beteiligte.
Unverändert gilt in Fällen ohne Befreiung von der Visagebühr die ermäßigte Gebühr von 35 Euro (statt 60 Euro) für ein Schengen-Visum Typ C.

Darüber hinaus sind neben den Inhabern von (konventionellen oder biometrischen) Diplomatenpässen jetzt auch Inhaber biometrischer Dienstpässe für einen Aufenthalt von bis zu 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen von der Visumpflicht befreit (ABl.-EU 2013 L 168/3, 11). Die Visumbefreiung gilt unmittelbar und unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Aufnahme in Anlage B zu § 19 AufenthV.

Erweitert wurde der Adressatenkreis, für den die diplomatischen Vertretungen und konsularischen Einrichtungen Mehrfachvisa mit einer Gültigkeitsdauer bis zu fünf Jahren ausgestellt werden können (z.B. neben Journalisten jetzt auch deren technisches Begleitpersonal im Rahmen der Berufsausübung) oder mit einer Gültigkeitsdauer bis zu einem Jahr ausgestellt werden können (z.B. Studenten und Postgraduierte, die regelmäßig zu Studien- oder Ausbildungszwecken einreisen, darunter im Rahmen von Austauschprogrammen; Vertreter von Religionsgemeinschaften; an offiziellen grenzübergreifenden Kooperationsprogrammen der EU Beteiligte; Angehörige freier Berufe, die an internationalen Ausstellungen, Konferenzen o.ä. Veranstaltungen im Hoheitsgebiet der EU-Staaten teilnehmen; Personen, die zwecks medizinischer Behandlung regelmäßig einreisen müssen einschließlich erforderlicher Begleitpersonen).

3.3 Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen EU/Serbien

Mit dem Beschluss 2013/490/EU, Euratom (ABl.-EU L 287/14 v. 18.10.2013) wurde das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen EU/Serbien (ABl.-EU L 287/15 v. 18.10.2013) genehmigt. Gegenstand des Abkommens ist u.a.
- in Art. 49 I die Arbeitnehmerfreizügigkeit im Wege eines auf die Staatsangehörigkeit gegründeten Diskriminierungsverbotes in Bezug auf Arbeits-, Lohn- und Kündigiungsbedingungen legal beschäftigter serbischer Arbeitnehmer,
- in Art. 53 II die Niederlassungsfreizügigkeit in Bezug auf das Verbot einer Schlechterstellung bei der Behandlung serbischer Gesellschaften, Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen gegenüber solchen der EU-Staaten,
- in Art. 59 II die Gestattung der Einreise zur Erbringung von Dienstleistungen und
- in Art. 82, 83 die Zusammenarbeit in den Bereichen Visa, Grenzschutz, Asyl und Migration, Bekämpfung illegaler Migration und Rücknahme illegal aufhältlicher Personen.

3.4 Visa- und Rückübernahmeabkommen EU/Kap Verde, EU/Armenien

Im Genehmigungsverfahren befinden sich die Abkommen der EU über die Erleichterung der Visaerteilung und die Rückübernahme von Staatsangehörigen mit illegalem Aufenthalt mit
- Aserbaidchan (ABl.-EU L 320/7 v. 30.11.2013) und
- Kap Verde (Beschluss 2013/521/EU v. 07.10.2013, ABl.-EU L 282/1, 3 v. 24.10.2013; Beschluss 2013/522/EU v. 07.10.2013, ABl.-EU L 282/13, 15 v. 24.10.2013).
Mit Wirkung seit 01.01.2014 in Kraft getreten ist das Visaerleichterungsabkommen mit Armenien (Beschluss 2013/628/EU v. 22.10.2013, ABl.-EU L 289/1, 2 v. 31.10.2013; Beschluss 2013/629/EU v. 22.10.2013, ABl.-EU 289/12, 13 v. 31.10.2013).

Anwender des Abkommens sind alle EU-Staaten mit Ausnahme von Dänemark, Großbritannien und Irland. Diese Staaten bleibt der Abschluss bilateraler Abkommen vorbehalten. Für Schengen-Teilanwenderanwenderstaaten treten nationale Visa an die Stelle von Schengen-Visa.

4. Zweites Richtlinienumsetzungsgesetz 2011

Umfangreiche Veränderungen des AufenthG sind eingetreten durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22.11.2011– BGBl. I 2258 vom 25.11.2011.

Das Gesetz ist in Kraft getreten am 26.11.2011

Das Gesetz verfolgt die Umsetzung der EU-Rückführungsrichtlinie RL 2008/115/EG (ABl.-EU 2008 L 348/98) und der EU-Sanktionsrichtlinie 2009/52/EG über Mindeststandards für Sanktionen undMaßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigenAufenthalt beschäftigen (ABl.-EU L 168/24) sowie der Anpassung des AufenthG an die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 (ABl.-EU L 243/1 – EU-Visakodex).

4.1 Umsetzung der EU-Rückführungsrichtlinie RL 2008/115/EG

Seite "EU-Rückführungsrichtlinie".

4.2 Anpassung an den EU-Visakodex VO (EG) Nr. 810/2009

Seite "EU-Visakodex und Schengener Visasystem".

4.3 Umsetzung der EU-Sanktionsrichtlinie RL 2009/52/EG

Gem. § 25 IV b AufenthG wird für drittstaatsangehörige Opfer einer Straftat
- gem. § 10 I oder § 11 I Nr. 3 SchwArbG (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz) oder
- § 15a AÜG (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz)
die Möglichkeit eines Aufenthaltstitels geschaffen, wenn der Drittstaatsangehörige bereit ist als Zeuge gegen den Tatverdächtigen auszusagen (entsprechend wie § 25 IV a AufenthG für Opfer von Menschenhandel). Die Bedenkzeit ist als Ausreisefrist von mindestens drei Monaten geregelt (§ 59 VII AufenthG).

Gem. § 59 VIII i.V.m. § 57 III AufenthG ist ein Drittstaatsangehöriger, der ohne den gem. § 4 III AufenthG erforderlichen Aufenthaltstitel mit Erwerbstätigkeitserlaubnis illegal beschäftigt wurde, vor einer Abschiebung oder Zurückschiebung über die ihm nach Art. 6 II, 13 RL 2009/52/EG zustehenden Rechte zu informieren (Geltendmachen und Durchsetzen des Arbeitsentgeltanspruchs gegen den Arbeitgeber, EU-Opferschutz-Aufenthaltstitel zur Aussage als Zeuge gegen den Arbeitgeber).
 
Konsequenzen für den Arbeitgeber werden in Form eines Vergütungsanspruchs des Beschäftigten und eines Ausschlusses von der Subventionsvergabe in §§ 98a, 98b AufenthG geregelt. Gem. § 66 IV AufenthG haften im Falle illegaler Beschäftigung neben dem Arbeitgeber auch der Generalunternehmer und zwischengeschaltete Unternehmer für die Rückführungskosten.

In § 10a SchwArbBekG wird die Beschäftigung von Opfern von Menschenhandel unter Ausnutzung deren Lage als neuer Straftatbestand geregelt. In § 11 I Nr. 3 SchwArbBekG wird die illegale Beschäftigung Minderjähriger als neuer Straftatbestand geregelt.

Literaturhinweise zur EU-Sanktionsrichtlinie RL 2009/52/EG
Basse/Burbaum/Richard, ZAR 2011, 361
Hörich, ZAR 2010, 49
Vogelrieder, ZAR 2009, 168

4.4 Verlängerung der Ausreisefrist für Opfer von Menschenhandel

Die in Umsetzung der in der RL 2004/81/EG vorgeschrieben Erholungs- und Bedenkzeit ist in § 59 VII Satz 2 AufenthG als Ausreisefrist von mindestens drei Monaten (früher: Mindestens ein Monat nach § 50 IIa AufenthG alter Fassung) vorgesehen. Unverändet problemtisch ist, die in der EU-Opferschutzrichtlinie als Erholung- und Bedenkzeit vorgesehene Phase als Ausreisefrist (und nicht z.B. als Erlaubnisfiktion nach Vorbild der §§ 5 I Satz 3, 81 III, V AufenthG) zu regeln. In § 10a SchwArbBekG wird die Beschäftigung von Opfern von Menschenhandel unter Ausnutzung deren Lage als neuer Straftatbestand geregelt.

4.5 Änderungen der AufenthV in Bezug auf Visumbefreiungen

Auf Grund der Kündigung des Sichtvermerksabkommens mit den USA wurden diese aus Anlage A Nr.1 zu § 16 AufenthV herausgenommen, nicht jedoch aus § 41 I AufenthV.

Nach der Befreiung von der Visumpflicht für Inhaber von Diplomatenpässen von Georgien (seit 01.03.2011) wurde auf Grund des Abkommens mit Kasachstan Anlage B Nr. 2 zu § 19 AufenthV – visumfreie Einreise für Inhaber von Diplomatenpässen – entsprechend erweitert.

5. Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat

Durch die Gesetzesänderung (BGBl.2011 I 1266, in Kraft getreten 01.07.2011) wurden u.a. Strafrecht undAufenthaltsrecht geändert.

5.1 Änderungen StGB

Mit § 237 StGB wurde ein neuerSpezialtatbestand geschaffen, der den bisherigen besonders schweren Fall derNötigung nach § 240 IV Satz 2 Nr. 1 StGB alter Fassung ersetzt. § 237 I Satz 1 StGB ist als Spezialtatbestand gegenüber dem Nötigungstatbestand (§ 240 StGB) ausgestaltet und erfasst die Nötigung zur Eingehung der Ehe mit Gewalt oder Drohung. § 237 II StGB erfasst die Fälle, in denen der Täter zum Zweck der Begehung einer Tat nach § 237 I Satz 1 StGB das Opfer durch Gewalt, Drohung oder List in das Ausland verbringt oder veranlasst, sich dorthin zu begeben oder davon abhält, von dort nach Deutschland zurück zu kehren. Geschützt werden sollen vor allem Mädchen und junge Frauen vor „Urlaubs- und Ferienverheiratungen“ im Ausland (BT-Ds. 17/4401, S. 12f).

5.2 Änderung AufenthG

Die Bestimmungen, dass ein Aufenthaltstitelim Falle längerer Ausreise erlischt (vgl. § 51 I Nr. 6, Nr. 7 AufenthG) gelten im Falle von Opfern von Zwangsheirat nicht (§ 51 IV AufenthG).

5.3 Kriminologische Erscheinungsformen

Heiratsimport: Das Opfer wird im Ausland genötigt, für die Eingehung der Ehe mit einem in Deutschland lebenden Drittstaatsangehörigen einzureisen.

Ferienverheiratung/Heiratsverschleppung: Das in Deutschland lebende Opfer wird ins Ausland gelockt und dort gegen seinen Willen zur Heirat gezwungen und an derRückkehr nach Deutschland gehindert.

Einwanderungsverheiratung: Das in Deutschland lebende Opfer wird zur Heirat mit einem im Ausland lebenden Lebenspartner gezwungen, um diesem die Einreise zu ermöglichen.

Literaturhinweis: Eisele/Majar, NStZ 2011, 546.
 
6. EuGH-Rechtsprechung

6.1 Visumfreiheit türkischer Dienstleistungserbringer ("Soysal", "Demirkan")

Die Entscheidung des EuGH, Urt. v. 19.02.2009 - Rs C 228/06 in der Rechtssache "Soysal und Savatli" (NVwZ 2009, 513) bestätigt, dass Art. 41 I des Zusatzprotokolls v. 23.11.1970 zum Assoziierungsabkommen EWG/Türkei 1963 (ZP) einer Verschlechterung der am 01.01.1973 geltenden Visabefreiung für türkische Staatsangehörige, die als Dienstleistungserbringer unter bestimmten Voraussetzungen tätig werden, entgegensteht. Daraus ergibt sich die visumfreie Einreise für bestimmte Dienstleistungserbringer, u.a. fahrendes Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr. Der Umfang der Auswirkungen dieser Entscheidung und ihre Übertragbarkeit auf Dienstleistungsempfänger war umstritten zwischen Bundesregierung (BT-Drucksache 16/12743 v. 23.04.2009) und Gegenauffassungen (Mielitz, NVwZ2009, 276 (278f); Westphal, InfAuslR 2009, 133; VG Berlin, Beschl. v.25.02.2009 - VG 19 V 61.08 = InfAuslR 2009, 222 (223); AG Erding, Urt. v.29.04.2009 - 5 Vs 35 Js 28732/08; Kleine Anfrage Bündnis 90/Die Grünen,BT-Drucksache 16/12437 v. 25.03.2009; Kleine Anfrage Die Linke, BT-Drucksache 16/13144 v. 20.05.2009). Geklärt ist diese Frage jetzt durch die Entscheidung des EuGH, Urt. v. 24.09.2013 - Rs C-221/11 in der Rechtssache "Leyla Ecem Demirkan". Gegenstand dieses Verfahrens war die Frage der Anwendbarkeit der passiven EU-Dienstleistungsfreizügigkeit iSv. Art. 56 AEUV auf Art. 41 I ZP. Der EuGH hat entschieden, dass der Begriff "freier Dienstleistungsverkehr" in Art. 41 I ZP nicht die Freiheit türkischer Staatsangehöriger umfasst, als Dienstleistungsempfänger visumfrei in einen EU-Staat einzureisen. Dem EuGH zufolge ist die passive Dienstleistungsfreizügigkeit iSv. Art. 56 AEUV in Zielsetzung und Zusammenhang nicht identisch mit den Rechten, die Art. 41 I ZP einräumt (Rdnr. 49-59). Damit bleibt die grundsätzliche Visumpflicht nach der EUVisaVO auch für türkische Touristen (die im weitesten Sinne auch Dienstleistungsempfänger sind) bestehen.

6.2 Rückführungsrichtlinie, illegaler Aufenthalt ("El Dridi", "Achughbabian")

Seite "EU-Rückführungsrichtlinie".

7. Änderungen der Regelungen über Aufenthaltstitel im AufenthG

7.1 eAT-Gesetz

Am 01.09.2011 wurde der biometrische Aufenthaltstitel (eAT) für Drittstaatsangehörige eingeführt. Grundlage ist das eAT-Gesetz - BGBl. 2011 I 610 vom 15.04.2011 - in Umsetzung der VO (EG) Nr. 380/2008 zur Änderung der VO (EG) Nr. 1030/2002 vom 13.06.2002. Der eAT löst das konventionell in den Pass eingeklebte Klebeetikett ab. Der eAT wird im Plastikkartenformat ausgestellt und ist mit einem elektronischen Speichermedium versehen, in dem Lichtbild und - ab Vollendung des 6. Lebensjahres - Fingerabdrücke als biomtrische Daten gespeichert werden. Nebenbestimmungen werden im Chip gespeichert und auf einem Zusatzblatt zum eAT ausgedruckt.  Als eAT werden ausgestellt: Aufenthaltserlaubnis, Blaue Karte-EU, Niederlassungserlaubnis, Erlaubnis zum Daueraufenhalt-EU sowie Ausweisersatz und Aufenthaltskarte für drittstaatsangehörige Familienangehörige von EU-/EWR-Staatsangehörigen gem. § 5 I FreizügG/EU. Hinweise: Mitteilungsblatt des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom Februar 2011.

7.2 Einführung der Blauen Karte-EU

Durch das Gesetz zur Umsetzung derHochqualifizierten-Richtlinie der Europäischen Union vom 01.06.2012 (BGBl. I 1224) wird alsneuerAufenthaltstitel wurde die "Blaue Karte-EU" als Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zur Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung durch §§ 4 I Satz 2 Nr. 2a, 19a AufenthG eingefügt (Umsetzung von Art. 5 I, 7 I RL 2009/50/EG vom 25.05.2009, ABl.-EU L 155/17 vom 18.06.2009). In § 81 IV Satz 2 AufenthG wird die Möglichkeit einer im Ermessen derAusländerbehörde stehenden Anordnung einer Fortgeltungsfiktion im Falle verspäteter Antragstellung eingefügt. Die Fortgeltungsfiktion nach § 81 IV Satz 1 AufenthG tritt kraft Gesetzes ein, wenn ein Antrag auf Verlängerung eines ablaufenden Aufenthaltstitels gestellt wird, im Falle verspäteten Antrages kann jetzt die Ausländerbehörde die Fortgeltungsfiktion durch Verwaltungsakt anordnen.

8. BVerwG zur "Dänemark-Ehe"

Die Eineise in das Bundesgebietmit einem Schengen-Visum Typ C nach kurzfristiger Ausreise in einen anderen Schengen-Staat (hier: Dänemark) zur Eheschließung kann zur Ablehnung desAntrages auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis führen, wenn die Eheschließung von vornherein beabsichtigt war und daher ein nationales VisumTyp D erforderlich gewesen wäre (§ 5 II Nr. 1 AufenthG). Die Regelung, dass nach der Einreise eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 39 Nr. 3 AufenthV beantragt werden kann, findet nur Anwendung, wenn der neue Aufenthaltszweck erst nach derzeitlich letzten Einreise in Deutschland (also nicht nach der Ersteinreise mit dem C-Visum, sondern nach der Einreise aus Dänemark) eintritt. Da keine "nachhaltige" Ausübung des Freizügkeitsrechts durch den deutschen Ehepartner gegeben ist, liegt auch kein "Rückkehrfall" vor, der eine freizügigkeitsgleiche Situation und damit die entsprechende Anwendung des FreizügG/EU rechtfertigen würde (BVerwG, Urt. v. 16.11.2010 - 1 C 17.09; BVerwG, Urt. v. 11.01.2011- 1 C 23.09; vgl. auch VG Ansbach, Beschl. v. 08.02.2013 - AN 5 S 13.00221).

Stand 31.01.2014

 
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