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Stand 15.02.2014


Platzierung im Hauptstudium des modularisierten SJ:
HS I    M 11
HS III  M 17

Antrag auf Erteilung eines Schengen-Visums Typ C nach Anhang I EU-Visakodex in der deutschen Auslandsvertretung in Chişinău, Republik Moldau

Literaturhinweis
Westphal/Brakemeier,
NVwZ 2010, 621

1. Gegenstand des EU-Visakodex

Die am 05.10.2009 in Kraft getretene VO (EG) Nr. 810/2009 -  EU-Visakodex (ABl.-EU L 243/1 v. 15.09.2009, Abk.: VK) - findet seit 05.04.2010 Anwendung.

Die letzten Änderungen erfolgten durch
- die VO (EU) Nr. 154/2012 (ABl.-EU L 58/3) und
- die VO (EU) Nr. 610/2013 (ABl.-EU L 182/1), in Kraft seit 19.07.2012 mit Wirkung seit 18.10.2013.
 
Der VK ersetzt Art. 9-17 SDÜ und regelt das Verfahren für Erteilung, Versagung, Annullierung und Aufhebung von Schengen-Visa Typ C und daneben auch für Flughafentransitvisa Typ A.
Der VK gilt als EU-Recht in allen EU-Staaten mit Ausnahme von Dänemark, Großbritannien und Irland und zurzeit noch mit Ausnahme von Bulgarien, Rumänien und Zypern, solange diese drei Staaten noch keinen Schengen-Vollanwenderstatus haben. Darüber hinaus finden die Regelungen des VK als innerstaatliches Recht Anwendung in
- Dänemark,
- Island,
- Liechtenstein
,
- Norwegen

- und der Schweiz.
Der VK gilt wie jede andere EU-Verordnung unmittelbar mit Anwendungsvorrang (vgl. Art. 288 AEUV, ex-Art. 249 EGV).

Mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22.11.2011 (BGBl. I 2258 vom 25.11.2011) - in Kraft getreten am 26.11.2011 - wurden die erforderlichen Anpassungen des AufenthG an den VK vorgenommen.

2. Visa-Kategorien

Nach dem VK sind folgende Visa-Kategorien vorgesehen:
Flughafentransitvisum Typ A (Art. 3, 26 VK, § 6 I Nr. 2 AufenthG, § 26 II AufenthV),
Schengen-VisumTyp C (Art. 24 ff VK, §§ 4 I Nr. 1 -1. Alt.-, 6 I Nr. 1, II AufenthG) und nationales Visum Typ D (Art. 18 SDÜ, §§ 4 I Nr. 1 -2. Alt.-, 6 III AufenthG).

2.1 Flughafentransitvisum Typ A

Das Flughafentransitvisum Typ A wird durch Art. 3, 26 VK geregelt. Es berechtigt nicht zur Einreise und ist für bestimmte Statsangehörige für das Umsteigen in einer Flughafentransitzone eines Flughafens im Schengen-Raum vorgeschrieben (Art. 3, 26 VK). Es handelt sich nicht um einen Aufenthaltstitel und wird auch gem. Art. 2 -2. Anstrich- VO (EG) Nr. 539/2001 (EUVisaVO) und § 4 I Satz 2 Nr. 1 AufenthG ausdrücklich aus dieser Kategorie ausgenommen. Es ist lediglich eine Transitgenehmigung, weil ohne Einreise kein Aufenthalt vorliegt (vgl. Nr. 95.1.2.1 AVwV-AufenthG). 

2.2 Schengen-Visum Typ C

Das Schengen-Visum Typ C (Art. 24 VK, §§ 4 I Satz 2 Nr. 1 -1. Alt.-, 6 I Nr. 1 AufenthG) ist das Schengen-weit einheitliche Kurzaufenthaltsvisum für Aufenthalte bis 90 Tage innerhalb von 180 Tagen (bisher: Drei Monate im Sechs-Monats-Zeitraum). Das Schengen-Visum kann daher für bis zu 90 Tage Aufenhalt innerhalb eines Bezugzeitraumes von 180 Tagen (Art. 2 Nr. 2 a) VK) und mit einem Gültigkeitszeitraum von bis zu fünf Jahren (Art. 24 II VK) und für eine, zwei oder mehr als zwei Einreisen (Eintrag "01", "02" oder "MULT") ausgestellt werden.

Erteilungsvoraussetzungen und Geltungsbereich sind in Art. 21, 24, 25 VK geregelt. Zuständig ist die Auslandsvertretung des Schengen-Staates, der das Hauptreiseziel oder den Ersteinreisestaat darstellt (Art. 5 I VK).

Für den Visumantrag ist ein einheitlicher Vordruck nach Art. 11 I, Anhang I VK zu verwenden.

Voraussetzung der Erteilung eines Schengen-Visums Typ C ist gem. Art. 21 I VK, dass die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 I a, c, d, e VO (EG) Nr. 562/2006 (SGK) erfüllt sind:
- Besitz eines gültigen Passes oder Passersatzes (Art. 5 I a SGK), der noch mindestens bis drei Monate nach der geplanten Ausreise aus dem Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten gültig sein und mindestens noch zwei leere Seiten aufweisen muss (Art. 12 VK);
- Zweck-Mittel-Nachweis (Art. 5 I c SGK);
- Nichtbestehen einer SIS-Ausschreibung (Art. 5 I d SGK);
- Nichtvorliegen einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit (Art. 5 I e SGK).

Gem. Art. 5 I c SGK ist der Zweck-Mittel-Nachweis durch Vorlage der Nachweise zum Aufenthaltszweck gem. Anhang II VK und ausreichender finanzieller Mittel zu führen. Der Nachweis finanzieller Mittel richtet sich nach den Umständen des Aufenthaltes, im Zweifel werden Richtbeträge festgesetzt, die gem. Art. 5 III, 34 SGK der Kommission mitgeteilt. Die Erstveröffentlichung befindet sich im ABl.-EU C 247/19 vom 13.10.2006, die aktuellste Änderungsmitteilung im ABl.-EU C 298/3 vom 04.10.2012.

Besonders hervorgehoben wird in Art. 21 I VK, dass eine Risikoanalyse dazu führt, dass keine Gefahr rechtswidriger Einwanderung besteht und Rückkehrbereitschaft und rechtzeitige Ausreise zu erwarten sind.

Daneben ist gem. Art. 15 I, III VK - in Ergänzung zu Art. 5 I c SHK - der Nachweis einer Auslandsreisekrankenversicherung mit 30.000 Euro Deckungshöhe vorgeschrieben, wovon gem. Art. 15 VI, VII VK Diplomatenpassinhaber befreit sind und bei Antragstellern, denen auf Grund ihres Berufes eine besondere Zuverlässigkeit unterstellt wird, dieses Erfordernis ohne weitere Prüfung als erfüllt angesehen werden kann.

Das Visum wird für das gesamte Hoheitsgebiet der Schengen-Vollanwenderstaaten erteilt (Art. 24 VK). Das Nichterfüllen der Erteilungsvoraussetzungen ist ein Visaversagungsgrund nach Art. 32 VK. Ausnahmsweise kann das Visum im Falle des Nichterfüllens aller Voraussetzungen des Art. 5 I SGK oder der Nichtanerkennung des Passes in allen Staaten mit räumlicher Beschränkung erteilt werden (Art. 25 I-III VK).

Für das Schengen-Visum wird eine Gebühr erhoben von
- 60 Euro im Regelfall (Art. 16 I VK),
- 35 Euro für Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren (Art. 16 II VK),
- 35 Euro für Staatsangehörige der Vertragsstaaten eines Visaerleichterungsabkommens (s.u. zu 3.)
Kinder unter sechs Jahren sind von der Visumgebühr befreit, ebenso Reisende mit bestimmten Aufenthaltszwecken (Art. 16 IV VK), Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren und Inhaber von Diplomatenpässen oder Dienstpässen können von der Visumgebühr befreit werden (Art. 16 V VK).

Das in der VO (EG) Nr. 810/2009 und in der VO (EG) Nr. 767/2008 (VIS-VO) geregelte Visa-Informationssystem (VIS) wird seit 11.10.2011 in den ersten Auslandsvertretungen für Visaanträge, -erteilung, -versagungen und -annullierung zur Anwendung gebracht.

Das frühere Durchreise-Visum Typ B entfällt als eigene Visakategorie und ist Unterfall des Visakategorie C.

2.3 Nationales Visum Typ D

Für die Einreise zum Zweck eines Aufenthaltes über drei Monate ist ein nationales Visum Typ D erforderlich. Zeitgleich mit Anwendung des VK ist durch die VO (EU) Nr. 265/2010 vom 25.03.2010 (ABl. EU L 85/1 v.31.03.2010) im Wege der Änderung von Art. 5 I b, IV a SGK und Neuregelung in Art. 21 IIa SDÜ dasnationale Visum Typ D mitdenselben Rechten ausgestattet worden wie ein nationaler Aufenthaltstitel. Für Einreise und Aufenthalt in andere Schengen-Staaten bis zudrei Monate wurde jetzt ein Bezugszeitraum eingeführt (Art. 21 I SDÜ). Das Visum Typ D+C ist nicht mehr vorgesehen. Das Visum Typ D kann bis zu 1 Jahr Gültigkeitsdauer ausgestellt werden (Art. 18 II SDÜ).

3. Abkommen über die Erleichterung der Erteilung von Visa Typ C

3.1 Vertragsstaaten

Abkommen über die Erleichterung der Erteilung von Schengen-Visa Typ C hat die EU mit folgenden Drittstaaten geschlossen:
- Armenien (in Kraft seit 01.01.2014, ABl.-EU L 289/2 vom 31.10.2013),
- Aserbaidschan
(in Vorbereitung),
- Georgien
,
- Kap Verde (im Genehmigungsverfahren),
- Republik Moldau,
-
Russische Föderation
und Ukraine.
Auf EU-Seite sind alle Staaten beteiligt mit Ausnahme von Großbritannien, Irland und Dänemark (wegen Vorbehaltea gegen Art. 77ff AEUV). Dänemark schließt aber als Schengen-Staat gleichartige bilaterale Abkommen.

Die inhaltsgleichen Abkommen mit
- Albanien,
- Bosnien und Herzegowina
,
-
Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien,
-
Montenegro
-
und Serbien
sind weitgehend dadurch überholt, dass die Inhaber von ePässen (biometrischen Pässen) dieser Staaten seit 2009 bzw. 2010 durch Aufnahme in Anhang II EUVisaVO für Kurzaufenthalte von drei Monaten binnen sechs Monaten von der Visumpflicht befreit sind.

3.2 Visagebühr; Nachweis des Aufenthaltszwecks

Aufgrund der Abkommen beträgt die reguläre Visagebühr für ein Schengen-Visum 35 Euro (statt 60 Euro) - auch im Falle einer AV-Erteilung an der Grenze. An Darlegung und Nachweis des Aufenthaltszwecks werden geringere Anforderungen gestellt als im VK vorgesehen sind. Bestimmte Personenkreise sind von der Visagebühr vollständig befreit.

3.3 Inhaber von Diplomatenpässenn und Dienstpässen

Staatsangehörige der Vertragsstaaten, die Inhaber eines Diplomatenpasses sind, sind für bis zu 90 Tage binnen 180 Tagen in den beteiligten EU-Staaten von der Visapflicht befreit (Umsetzung durch Aufnahme in Anlage B Nr. 2 zu § 19 AufenthV). Es genügt ein Diplomatenpass in konventioneller Form, ein ePass ist nicht erforderlich. Darüber hinaus berechtigen biometrische Dienstpässe
- der Republik Moldau und
- der Ukraine
zur visafreien Einreise für einen Aufenthalt von 90 Tage binnen 180 Tagen.

4. Visa-Widerruf/-Annullierung

4.1 Annullierung eines Visums Typ C


Gem. Art. 34 I Satz 1 VK wird ein Visum Typ C annulliert, wenn die Erteilungsvoraussetzungen (Art. 21 I VK) von Anfang an nicht vorgelegen haben. Besonders hervorgehoben wird der Fall der arglistigen Täuschung, also der Visa-Erschleichung. Die Zuständigkeit der Grenzpolizei folgt aus § 71 III Nr. 3 AufenthG.

4.2 Aufhebung eines Visums Typ C

Gem. Art. 34 II Satz 1 VK wird ein Visum Typ C aufgehoben, wenn die Erteilungsvoraussetzungen (Art. 21 I VK) ab jetzt nicht mehr vorliegen.
Gem. Art. 34 III VK kann ein Visum Typ C auf Antrag des Visuminhabers aufgehoben werden. Die Zuständigkeit der Grenzpolizei folgt aus § 71 III Nr. 3 AufenthG.

4.3 Annullierung und Aufhebung von Visa Typ C anderer Schengen-Staaten

Gem. § 51 VIIIa Satz 1 AufenthG erfolgt im Falle der Annullierung eines Schengen-Visums Typ C, das von der Auslandsvertretung eines anderen Schengen-Staates ausgestellt wurde, die gem. Art. 34 I Satz 3 VK vorgeschriebene Unterrichtung des betr. Staates durch das BAMF, wenn die Annullierung durch die Ausländerbehörde verfügt wurde. Im Falle von Annullierungen von Schengen-Visa Typ C durch die Grenzpolizei, erfolgt die Benachrichtigung des Schengen-Staates, dessen Auslandsvertretung das Visum ausgestellt hat, durch die Grenzpolizei unmittelbar (§ 51 VIIIa Satz 2 AufenthG).

4.4 Widerruf eines nationalen Visums Typ D

Ein nationales Visum Typ D wird durch Anwendung innerstaatlichen Rechts zum Erlöschen gebracht. Insoweit findet § 52 I, II AufenthG Anwendung.

4.5 Vordruck

Für Annullierung, Aufhebung, Widerruf wie auch für die Versagung eines Ausnahmevisums wird ein EU-einheitlicher Vordruck mit Informationen zu den zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln verwendet. Das annullierte oder aufgehobene Visum bleibt im Pass, die Maßnahme wird durch Stempelaufdruck kenntlich gemacht (Art. 34 V, VI, Anhang VI VK).

5. Ausnahme-Visum (AV)

5.1 Schengen-AV Typ C

An der Grenze kann ein Schengen-AV Typ C bis 15 Tage Aufenthaltsdauer durch die Grenzpolizei gem. Art. 35 VK  erteilt werden. Die frühere Beschränkung auf eine Einreise ist weggefallen. Voraussetzung ist
- das Erfüllen der Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 I a, c, d, e SGK,
- das Vorliegen eines zwingenden unvorhersehbaren Einreisegrundes und
- der Umstand, dass im Voraus kein Visumantrag bei der Auslandsvertetung gestellt werden konnte.
Von der Pflicht zum Abschluss oder Nachweis einer Reisekrankenversicherung nach Art. 15 I VK kann abgesehen werden, wenn diese an der Grenze nicht abgeschlossen werden kann oder wenn humanitäre Gründe vorliegen (Art. 35 II VK).
Die Zuständigkeit der Grenzpolizei folgt aus § 71 III Nr. 2 AufenthG.

5.2 Schengen-AV Typ C für Seeleute

Das AV für Seeleute ist in Art. 36 VK besonders hervorgehoben. Es wird für den Fall einer kurfristig bekannt gewordenen Anmusterung, Abmusterung oder Ummusterung erteilt, soweit die Voraussetzungen des Art. 35 VK vorliegen. Das frühere Sammel-AV für Seeleute ist mit dem VK weggefallen.

5.3 AV für drittstaatsangehörige Familienangehörige von EU-/EWR-Staatsangehörigen

Drittstaatsangehörige Familienangehörige von Staatsangehörigen der EU-Staaten, EWR-Staaten und der Schweiz brauchen grundsätzlich nur im Besitz eines Reisepasses zu sein. Gem. Art. 2 IV Satz 2 FreizügG/EU ist aber in Umsetzung von Art. 5 II RL 2004/38/EG von drittstaatsangehörigen Familienangehörigen, die eine Staatsangehörigkeit iSv. Anhang I EUVisaVO besitzen, bei der Einreise ein Einreisevisum zu verlangen. Dieses soll der zügigen Überprüfung der Angehörigeneigenschaft an der Grenze dienen. Die Vorschrift gilt infolge des Verweises auf die EUVisaVO nur an der Außengrenze der EUVisaVO und braucht keine Anwendung zu finden, wenn der Betroffene im Besitz eines Aufenthaltstitels eines Schengen-Staates oder einer Aufenthaltskarte ist. Das Visum trägt den Vermerk „Familienangehöriger eines Unionsbürger/EWR-Bürgers“ (Nr. 2.4.2.1 Satz 6 AVwV-FreizügG/EU). Es kann an der Grenze als Ausnahmevisum erteilt werden (§ 11 I FreizügG/EU iVm. § 14 II AufenthG), sofern der Betr. das abgeleitete Freizügigkeitsrecht glaubhaft macht (Nr. 2.4.2.1 Satz 7, 11.1.2.1 Satz 2 AVwV-FreizügG/EU); die Visaerteilung ist gebührenfrei (§ 2 VI FreizügG/EU). Es ist nicht von Erteilungsvoraussetzungen des Art. 35 VK und nicht von den Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 I SGK abhängig, sondern allein vom Nachweis der Angehörigeneigenschaft und abgeleiteter Freizügigkeit.

5.4 Nationales AV Typ D

Der seltene Ausnahmefall eines nationalen AV Typ D richtet sich nach den innerstaatlichen Regelungen in § 6 III iVm. § 5 I AufenthG iVm. dem Nachweis eines dringenden unvorhergesehenen Einreisegrundes.

6. Einreiserechte für Inhaber nationaler Dokumente eines Schengen-Staates

6.1 Einreiserecht für Inhaber nationaler Aufenthaltstitel oder Visa Typ D

Drittstaatsangehörige als Inhaber eines nationalen Aufenthaltstitels eines Schengen-Vollanwenderstaates sind gem. Art. 21 I SDÜ für die Einreise und einen Aufenthalt bis drei Monate oder 90 Tage innerhalb von sechs Monaten von der Visumpflicht in anderen Schengen-Vollanwenderstaaten befreit, sofern die Voraussetzungen des Art. 5 I a, c, e SGK erfüllt sind und keine nationale Ausschreibung zur Einreiseverweigerung vorliegt - z.B. ukrainischer Staatsangehöriger mit Uppehållstillstand von Schweden. Ausnahmsweise werden Aufenthaltstitel des Drittstaates Monaco als Aufenthaltstitel von Frankreich behandelt. Die Aufenthaltstitel werden gem. VO (EG) Nr. 1030/2002 v. 13.06.2002 auf EU-einheitlichem Muster ausgestellt, bisher als Klebetikett im Pass oder als Plastikkarte im Scheckkartenformat und seit 2011 als eAT in Kartenform mit Speichermedium für biometrischen Daten.

Den Aufenhaltstiteln gleichgestellt sind FREMIS-Ausweise für akkreditierte Diplomaten und Konularbeamte und deren Familienangehörige.

Seit 05.04.2010 gilt gem. Art. 21 IIa SDÜ auf Grund der VO (EU) Nr. 265/2010 - ABl.-EU L 85/1 vom 31.03.2010 - dasselbe Einreise- und Aufenthaltsrecht wie für Inhaber von Aufenthaltstiteln für Inhaber nationaler Visa Typ D eines Schengen-Vollanwenderstaates. Zugleich wurde damit das frühere Visum Typ D + C angeschafft.

6.2 Durchreiserecht für Inhaber nationaler Aufenthaltstitel und Visa Typ D


Drittstaatsangehörige als Inhaber eines nationalen Aufenthaltstitels eines Schengen-Staates oder eines nationalen Visums Typ D sind gem. Art. 5 IV a SGK für die Durchreise (5 Tage) zur Rückkehr in den Ausstellerstaat von der Visumpflicht befreit, sofern keine nationale Ausschreibung iSv. Art. 25 SDÜ vorliegt. Das Erfüllen der Voraussetzungen des Art. 5 I a, c, e VO (EG) Nr. 562/2006 ist nicht erforderlich.

6.3 Einreiserecht für Inhaber gesetzlicher Asylgestattungen

Die deutsche Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylVfG) und ihr vergleichbare gesetzliche Formen des Aufenthaltsstatus im Asylverfahren - z.B. die von Italien ausgestellte "Permesso di soggiorno provvisorio per richiesta asilo politico ai sensa della Cenvenzione di Dublino" oder die von Schweden ausgestellte "Tillfälligt LMA-kort för ütlänning i Sverige" - sind keine Aufenthaltstitel i.S.v. Art. 21 I SDÜ. Sie werden aber als "vorläufige Aufenthaltsrechte" i.S.v. Art. 21 II SDÜ behandelt. Dieses Reiserecht setzt aber über das Erfüllen der Voraussetzungen des Art. 5 I a, c, e SGK voraus, dass der Schengen-Vollanwenderstaat, der die Asylgestattung bzw. das gesetzliche Aufenthaltsrecht im Asylverfahren gewährt, dem Asylsuchenden ein Reisedokument - also einen Fremdenpass o.a. Reiseausweis für Ausländer - ausgestellt hat.

7. Befreiungen von der Visumpflicht

7.1 Visabefreiung für Kurzaufenthalte

Für Kurzaufenthalte bis zu drei Monate binnen sechs Monaten von der Visumpflicht befreit sind die in Inhaber eines Nationalpasses der in Anhang II EUVisaVO aufgezählten Drittstaaten, sofern keine Erwerbstätigkeit beabsichtigt ist (Art. 4 III EUVisaVO iVm. § 17 I, II AufenthV). Darüber hinaus müssen die Voraussetzungen des Art. 5 I a, c, d, e SGK erfüllt sein.

Für Kurzaufenthalte bis zu drei Monate binnen sechs Monaten von der Visumpflicht weiterhin befreit sind die Inhaber eines von einem in Anlage B zu § 19 AufenthV genannten Staat ausgestellten Dienstpasses, Diplomatenpasses oder Spezialpasses (Umsetzung von Art. 4 I a) EUVisaVO).

Staaten nach Anlage B zu § 19 AufenthV sind mit Stand 2012

Nr. 1 - Inhaber dienstlicher
Pässe von

- Bolivien
- Ghana
- Kolumbien
- Philippinen
- Thailand
- Tschad
- Türkei
Nr. 3
- Inhaber von
Spezialpässen
der
Vereinigten Arabischen
Emirate
Nr. 2 - Inhaber von Diplomatenpässen
von

- Albanien
- Algerien
- Bosnien und Herzegowina
- Indien
- Jamaika
- Kasachstan
- Kenia
- Malawi
- Marokko
- Ehemalige Jugoslawische
Republik Mazedonien


- Republik Moldau
- Montenegro
- Namibia
- Pakistan
- Peru
- Russische Föderation
- Serbien
- Südafrika
- Tunesien
- Ukraine
- Vereinigte Arabische Emirate
- Vietnam
Nr. 4 - Inhaber von Dienstpässen von
Ecuador
Nr. 5 - Inhaber biometrischer Dienstpässe von         
- Republik Moldau
- Ukraine
Nr. 6 - Inhaber biometrischer
Diplomatenpässe von

- Gabun
- Mongolei

Unter Nr. 2 kommen dazu (Abkommen im Unterzeichnungsverfahren):
- Armenien und
- Kap Verde.

Für einen Kurzaufenthalt von der Visumpflicht befreit sind die Inhaber eines von einem EU-/EWR-Staat, der Schweiz oder eines in Anhang II EUVisaVO genannten Staates ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge nach der GFK 1951 (RAW 1951) oder eines Reiseausweises für Staatenlose nach dem Abkommen von 1954 (RAW 1954), sofern keine Erwerbstätigkeit beabsichtigt ist, gem. § 18 AufenthV (Umsetzung von Art. 1 II -3. Aufzählung-, 4 II b) EUVisaVO.

Eine Voraufenthaltsanrechnung entfällt für die Inhaber der Reiseausweise für Flüchtlinge, die von einem an Anlage A Nr. 3 zu § 16 AufenthV genannten Staat ausgestellt wurden.

Staaten nach Anlage A Nr. 3 zu § 16 AufenthV sind mit Stand 2012

- Belgien
- Dänemark
- Finnland
- Irland
- Island
- Italien
- Liechtenstein
- Luxemburg
- Malta
- Niederlande          
- Norwegen
- Polen
- Portugal
- Rumänien
- Schweden
- Schweiz
- Slowakei
- Spanien
- Tschechische Republik
- Ungarn

7.2 Visabefreiung für längerfristige Aufenthalte

Für längerfristige Aufenthalte sind von der Pflicht zum Besitz eines Visums Typ D die Staatsangehörigen der in § 41 AufenthV genannten Staaten befreit.

7.3 Visumbefreiung für "Vander Elst"-Fälle

Drittstaatsangehörige, die bei einem Dienstleistungsanbieter mit Sitz in einem EU-/EWR-Staat ordnungsgem. und dauerhaft beschäftigt sind, können von diesem im Rahmen der Dienstleistungsfreizügigkeit (Art. 49 EGV) grenzüberschreitend ohne Aufenthaltstitel in andere EU-/EWR-Staaten entsandt werden - sie sind damit für die Dauer der Dienstleistungserbringung von Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit (vgl. EuGH-Urteil v. 09.08.84 - Rs C 43/83 - Rechtssache "Vander Elst", EuGH-Urt. v. 27.03.90 - Rs C 113/89 - Rechtssache "Rush Portugesa"). In der Regel handelt es sich um Fälle des Art. 21 I SDÜ, außer der Sitz des Dienstleistungserbringers liegt in Großbritannien oder Irland oder die Aufenthaltsdauer übersteigt drei Monate. Speziell für drittstaatsangehörige (Lkw-) Fahrer, die in einem EU-Staat bei einem Verkehrsunternehmer mit Gemeinschaftslizenz beschäftigt sind, wird in der Regel gem. VO (EWG) Nr. 881/92 i.V.m. VO (EG) Nr. 484/2002 die EU-Fahrerbescheinigung als Nachweis ausgestellt.

7.4 Visumbefreiung für "Soysal"-Fälle

Mit Urteil des EuGH vom 19.02.2009 - Rs C 228/06 - Rechtssache "Soysal und Savatli" (NVwZ 2009, 513 = InfAuslR 2009, 135) - wurde festgestellt, dass Art. 41 I des Zusatzprotokolls v. 23.11.1970 zum Assoziierungsabkommen EWG/Türkei 1963 die Befreiungen von der Visumpflicht für türkische Dienstleistungserbringer, die am 01.01.1973 bestanden, nicht verschlechtert werden durften. Diese Regelung hat daher Vorrang vor der allgemeinen Visumpflicht für türkische Staatsangehörige gem. Anhang I VO (EG) Nr. 539/2001. Am 01.01.1973 galten die Visabefreiungen gem. § 1 II Nr. 2 DVAuslG 1965. Danach sind bestimmte türkische Dienstleistungserbringer für einen dem Dienstleistungszweck entsprechenden Aufenthalt, längstens zwei Monate, von der Visumpflicht befreit, wenn der ständige Aufenthaltsort im Ausland beibehalten wird und die Dienstleistungserbringung sich auf bestimmte Sektoren beschränkt (fahrendes Personal im Personen-/Güterverkehr, Montage/Instandhaltung, künstlerische, wissenschaftl. oder sportl. Dienstleistungen - nicht: Tätigkeiten im Reisegewerbe gem. § 55 GewO).
Diese Visumbefreiung gilt nach der Entscheidung des EuGH, Urt. v. 24.09.2013 - Rs C-221/11 in der Rechtssache "Leyla Ecem Demirkan" nicht für Dienstleistungsempfänger. Gegenstand dieses Verfahrens war die Frage der Anwendbarkeit der passiven EU-Dienstleistungsfreizügigkeit iSv. Art. 56 AEUV auf Art. 41 I ZP. Der EuGH hat entschieden, dass der Begriff "freier Dienstleistungsverkehr" in Art. 41 I ZP nicht die Freiheit türkischer Staatsangehöriger umfasst, als Dienstleistungsempfänger visumfrei in einen EU-Staat einzureisen. Dem EuGH zufolge ist die passive Dienstleistungsfreizügigkeit iSv. Art. 56 AEUV in Zielsetzung und Zusammenhang nicht identisch mit den Rechten, die Art. 41 I ZP einräumt (Rdnr. 49-59). Damit bleibt die grundsätzliche Visumpflicht nach der EUVisaVO auch für türkische Touristen (die im weitesten Sinne auch Dienstleistungsempfänger sind) bestehen.

7.5 Visumbefreiung für dem WÜD und WÜK unterfallende Personen

Von der Anwendung des AufenthG ausgenommen sind akkreditierte Diplomaten und Konsularbeamte. Unter Diplomaten sind Personen zu verstehen, die von einem Entsendestaat dem Auswärtigen Amt zur Diplomatenliste angemeldet sind („Akkreditierung“). Ihre Rechtsstellung richtet sich nach dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (WÜD). Konkrete Anwendungshinweise finden sich im Rundschreiben des Auswärtigen Amtes vom 19.09.2008 (GMBl. 2008, 1154). Der bevorrechtigte Personenkreis (u.a. Missionschef, Mitglieder der Mission, Hausangestellte, Mitglieder dienstlichen Hauspersonals; vgl. Art. 1 WÜD) ist in Umsetzung des Art. 31 WÜD gem. § 18 GVG von der deutschen Strafgerichtsbarkeit ausgenommen, ebenso zum Haushalt gehörenden Familienmitglieder (Art. 37 WÜD). In Umsetzung von Art. 26, 39 I WÜD ist der in Art. 1 WÜD genannte Personenkreis – auch im Fall eines Status als Drittstaatsangehörige – gem. § 1 II Nr. 2 AufenthG von den Regelungen des AufenthG ausgenommen. Der Besitz eines  Aufenthaltstitels ist daher nicht erforderlich (dazu Abschn. IV RdSchr.-AuswAmt v. 19.09.2008). Für Diplomaten werden vom Auswärtigen Amt roten Protokollausweise in Plastikkartenformat (FREMIS-Ausweise) ausgestellt, u.a. in den Typen „D“ (D. und Familienangehörige), „DP“ (dienstliches Hauspersonal), „PP“ (privates Hauspersonal). Die Auflistung befindet sich in Abschn. VI RdSchr.-AuswAmt v. 19.09.2008.

Unter Konsularbeamten sind Personen zu verstehen, die von einem Entsendestaat dem Auswärtigen Amt zur Konsularliste angemeldet sind („Akkreditierung“). Ihre Rechtsstellung richtet sich nach dem Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen (WÜK). Konkrete Anwendungshinweise finden sich im Rundschreiben des Auswärtigen Amtes vom 19.09.2008 (GMBl. 2008, 1154). Nach Deutschland entsandte Konsularbeamte sind in Umsetzung von Art. 43 WÜK gem. § 19 GVG von der deutschen Strafgerichtsbarkeit und – auch im Fall eines Status als Drittstaatsangehörige – in Umsetzung von Art. 46 WÜK gem. § 1 II Nr. 2 AufenthG von den Regelungen des AufenthG ausgenommen. Der Besitz eines Aufenthaltstitels ist daher nicht erforderlich (dazu Abschn. IV RdSchr. AuswAmt v. 19.09.2008). Gem. Art. 23 WÜK kann der Empfangsstaat einen Konsularbeamten zur „persona non grata“ erklären, woraufhin der Entsendestaat den Betreffenden abzuberufen hat. Für Konsularbeamte werden vom Auswärtigen Amt roten Protokollausweise in Plastikkartenformat ausgestellt, u.a. in den Typen „K“ (K.), „KF“ (Familienangehörige), „DH“ (dienstliches Hauspersonal), „PP“ (privates Hauspersonal). Die Auflistung befindet sich in Abschn. VI RdSchr.-AuswAmt v. 19.09.2008.

Stand 15.02.2014

 
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